Ich wurde gebeten, für die Zeitschrift „Weite Horizonte“ eine Beitrag zum Thema Wandlung zu schreiben. Sehr gerne.

Schon das Wort mutet etwas fremd an – ein wenig aus der Mode gekommen.
Veränderung, Weiterentwicklung, gerne auch mal „sich neu erfinden“, all das ist gängiger.
Aber Wandlung?

Welches Bild löst das Wort aus?

Wandlung ist nichts Explosionsartiges, Abruptes, das transformiert und alles verschlingt, was vorher war, um Raum zu schaffen für das Neue. Das geschieht vor der Wandlung.

Wandlung ist sanft, behutsam, fast leise und dennoch nicht aufzuhalten.
Wandlung trägt sowohl den Prozess, die Schritte, das „eins folgt aufs andere“ als auch die Vollendung in sich, das am Ziel sein, das Ankommen. Da ist nichts Angestrengtes mehr, kein Kampf, keine Härte. Wandlung ist weich. Mit der Wandlung kommt die Ruhe, die leise Melodie in uns, das Ausruhen, die Erholung. Das milde Lächeln auf dem Gesicht und die innere Sicherheit, dass sich jetzt wirklich etwas geändert hat. Dass wir durch eine Mauer, einen Berg hindurch und über Hürden hinweg sind, Dinge und Erlebnisse abgelegt haben, die uns an einem besseren Leben hinderten und wirklich etwas Neues beginnt. Wandlung tritt ein, wenn zu all dem Aktiven und Bewussten, das wir geleistet haben, der Moment der Gnade hinzukommt, als ein Geschenk der göttlichen Quelle. Dann setzt Heilung ein und Wandlung. Liebevoll, gütig und dankbar.

Sie beinhaltet Demut. Demut heißt nicht Unterwürfigkeit, ganz im Gegenteil. Demut akzeptiert unsere Göttlichkeit und nimmt das Geschenk als Geschenk an. Diesen einen Funken, der die Transformation abschließt und den Weg in die Heilung bahnt. Das Geschenk, das einfach so zu uns kommt, weil wir sind wer wir sind. Ohne jede Vorleistung.

Und plötzlich tragen wir das Wissen in uns: egal wie schlecht es uns vielleicht irgendwann einmal gehen wird, wir werden nie wieder „hinter“ diesen Moment der vollständigen Veränderung zurück fallen.
Es ist wie eine Neugeburt. An manche Aspekte der Zeit „davor“ können wir uns gar nicht mehr erinnern. Vielleicht mental, ja, aber nicht emotional. Wir wissen schlicht nicht mehr, wie sich das alte Gefühl angefühlt hat. Es ist tatsächlich gewandelt. Und etwas Neues beginnt.

Das ist ein guter Moment um inne zu halten. Eine Pause zu machen. Durchzuatmen. Sich anerkennend auf die Schulter zu klopfen für das Geleistete. Und wirklich dem, was da an Großartigem, Wunderbaren geschehen ist Zeit und Raum auf der Lebensbühne zu geben.

Wir sind alle so sehr damit beschäftigt, uns ständig zu verändern, zu entwickeln, an uns zu arbeiten, dass wir diese Momente der Wandlung, die wir eigentlich genießen sollten, gern übersehen. Um gleich die nächste Klippe anzugehen. Den nächsten Schritt zu machen. Wir sind ja noch nicht perfekt, es gibt noch Ecken und Kanten und Bereiche, die nicht ganz hell strahlen. Da müssen wir ran, sofort!

Nein, müssen wir nicht. Vor Gott sind wir perfekt und vollkommen, so wie wir sind. Da muss nichts mehr geändert werden. Da müssen wir nicht ständig an uns rumschrubben, um die letzte dunkle Stelle zu entfernen. Aus göttlicher Sicht strahlen wir hell und klar. Immer.

Warum also dieser ständige Wunsch nach weiterer Veränderung? Weil wir es so gelernt haben. Von unseren Eltern, Lehrern, der Kirche, dem Staat, dem kollektiven Bewusstsein, aus früheren Inkarnationen, von unseren Ahnen. So hartnäckig und penetrant, dass wir es inzwischen selber glauben. Glauben, dass wir auf jeden Fall anders sein müssen, als wir sind.

Natürlich ist das Bedürfnis nach Wachstum auch ein sehr spirituelles. Wir alle tragen – bewusst oder unbewusst – die Sehnsucht in uns, der göttlichen Quelle wieder näher zu kommen. Den göttlichen Funken in uns glühen zu lassen und ihn stärker zu spüren. Und das geschieht dadurch, dass wir uns weiter ent-wickeln aus den Verstrickungen unsere vielen Vergangenheiten und in der Gegenwart. Und uns erinnern, was und wer wir eigentlich sind. Aber dieses Streben zum Licht ist etwas anderes, als die permanente Hast und Hektik, bloß schnell den nächsten Sprung zu machen.

Durch diesen ständigen Drang mit dem wir glauben uns verändern zu müssen, um irgendwelchen Ansprüchen zu genügen, verpassen wir das Gefühl der Dankbarkeit, den Genuss und  die Glückseligkeit, die uns nach einer Wandlung erfüllen können. Dieses Fallen in das vollständige Vertrauen, dass alles gut ist wie es ist.

Und das zu verpassen wäre wirklich ein Jammer, denn es fühlt sich unfassbar gut an!
Ein bisschen so muss das Paradies sein.
Also halten wir inne, ruhen uns etwas aus und genießen.